Meißner diskutieren über Rechtsradikalismus
Ulrike Körber berichtet heute in der SZ-online ('Experten diskutieren Legenden und Lügen', sz-online vom 23. November 2005) über eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung und dem Landkreis im Theater Meißen. Unter dem Titel „Legenden, Lügen, Vorurteile – Umgang mit der deutschen Geschichte“ diskutierten am 21. November der Extremismusforscher Eckhard Jesse von der Technischen Universität Chemnitz und der Historiker Wolfgang Benz vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung mit leider nur 30 erschienenen Personen über Ursachen und Ausprägungen von Nazismus und Rechtsradikalismus.
Zu Beginn wurde der Dokumentarfilm „Rechtsextremismus heute - Krawatte statt Springerstiefel bei der NPD“ des freien Journalisten Rainer Fromm gezeigt. Der Film demonstriert, wie sich das Erscheinungsbild der NPD, ihre politischen Strategien und ihre Werbemethoden in den letzten Jahren gewandelt haben.
Im Anschluss begann wohl eine hitzige Debatte unter den Anwesenden. Wenn Frau Körber die Schwerpunkte der Diskussion richtig wiedergibt (was ich gerne annehme), fokussierte sich diese anscheinend auf das Phänomen Rechtsextremismus bei Jugendlichen. Das erscheint mir allerdings etwas zu kurz gegriffen, denn bei den Landtagswahlen in Sachsen 2004 hatte die Wählerschaft der NPD "mit 28,2 Prozent den größten Anteil an den Wählern und Wählerinnen im Alter von 45 bis 60 Jahre gefolgt von den 35- bis 45-Jährigen (23,6 Prozent)" (Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen).
Die Debatte scheint also einen wichtigen Aspekt außer Acht gelassen zu haben, nämlich die zunehmende Bereitschaft innerhalb der älteren sächsischen Bevölkerung, rechtsradikale Agitatoren in den Landesparlamenten zu tolerieren.
Dementsprechend fällt die Empfehlung des Forums zur Eindämmung von Rechtsradikalismus sehr einseitig aus:
"Jugendliche unempfindlich gegenüber Naziparolen machen, heißt, mehr Geschichtswissen vermitteln und kompetente und couragierte Lehrer einsetzen." ('Experten diskutieren Legenden und Lügen', sz-online vom 23. November 2005) Tut mir leid, so wird das nichts. Dem stumpfen Deutschtum und Rassismus der Neonazis müssen vielmehr die gegen sie gerichteten Werte vorgelebt werden. Toleranz, Weltoffenheit, eine europäische Identität, Courage und ein kritisches Bewußtsein können nicht aufdoktriniert oder im Frontalunterricht vermittelt werden. Vielmehr ist es Aufgabe der gesamten Gesellschaft, für diese Werte einzustehen. Das heißt, jeder Einzelne muss sich die Frage stellen (lassen), in wieweit sein Verhalten möglicherweise Jugendliche in eine falsche Richtung lenkt. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit den kleinen Gesten und Begebenheiten des Alltags.
„Streitbare Demokratie leben, sich mit den Parolen und Zielen der Nazis auseinander setzen, das ist nötig“, forderte Benz. „Das passiert aber nicht“, konterte ein Gast, der sich als NPD-Wähler bekannte. „Egal, was über uns berichtet wird, ist es diffamierend“, maulte er. „Es setzt sich keiner mit uns auseinander“, sagte er weiter. „Wie denn auch?“, entgegnete ULM-Stadtrat Wolfgang Tücks aus Meißen und sprang wütend aus seinem Sessel. „Die Vertreter der NPD, die bei uns im Stadtrat sitzen, haben sich in all den Jahren bis auf das Thema Hundesteuer noch nicht einmal zu Wort gemeldet. Sie erscheinen auch auf keiner Ausschuss-Sitzung“, sagte er. „Womit sollen wir uns denn auseinander setzen? Die sitzen doch nur da und gucken“, so der ULM-Stadtrat." (s.o.).
Diesen Umstand in das Bewußtsein der Menschen zu bringen wäre ein guter Anfang.
Zu Beginn wurde der Dokumentarfilm „Rechtsextremismus heute - Krawatte statt Springerstiefel bei der NPD“ des freien Journalisten Rainer Fromm gezeigt. Der Film demonstriert, wie sich das Erscheinungsbild der NPD, ihre politischen Strategien und ihre Werbemethoden in den letzten Jahren gewandelt haben.
Im Anschluss begann wohl eine hitzige Debatte unter den Anwesenden. Wenn Frau Körber die Schwerpunkte der Diskussion richtig wiedergibt (was ich gerne annehme), fokussierte sich diese anscheinend auf das Phänomen Rechtsextremismus bei Jugendlichen. Das erscheint mir allerdings etwas zu kurz gegriffen, denn bei den Landtagswahlen in Sachsen 2004 hatte die Wählerschaft der NPD "mit 28,2 Prozent den größten Anteil an den Wählern und Wählerinnen im Alter von 45 bis 60 Jahre gefolgt von den 35- bis 45-Jährigen (23,6 Prozent)" (Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen).
Die Debatte scheint also einen wichtigen Aspekt außer Acht gelassen zu haben, nämlich die zunehmende Bereitschaft innerhalb der älteren sächsischen Bevölkerung, rechtsradikale Agitatoren in den Landesparlamenten zu tolerieren.
Dementsprechend fällt die Empfehlung des Forums zur Eindämmung von Rechtsradikalismus sehr einseitig aus:
"Jugendliche unempfindlich gegenüber Naziparolen machen, heißt, mehr Geschichtswissen vermitteln und kompetente und couragierte Lehrer einsetzen." ('Experten diskutieren Legenden und Lügen', sz-online vom 23. November 2005) Tut mir leid, so wird das nichts. Dem stumpfen Deutschtum und Rassismus der Neonazis müssen vielmehr die gegen sie gerichteten Werte vorgelebt werden. Toleranz, Weltoffenheit, eine europäische Identität, Courage und ein kritisches Bewußtsein können nicht aufdoktriniert oder im Frontalunterricht vermittelt werden. Vielmehr ist es Aufgabe der gesamten Gesellschaft, für diese Werte einzustehen. Das heißt, jeder Einzelne muss sich die Frage stellen (lassen), in wieweit sein Verhalten möglicherweise Jugendliche in eine falsche Richtung lenkt. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit den kleinen Gesten und Begebenheiten des Alltags.
„Streitbare Demokratie leben, sich mit den Parolen und Zielen der Nazis auseinander setzen, das ist nötig“, forderte Benz. „Das passiert aber nicht“, konterte ein Gast, der sich als NPD-Wähler bekannte. „Egal, was über uns berichtet wird, ist es diffamierend“, maulte er. „Es setzt sich keiner mit uns auseinander“, sagte er weiter. „Wie denn auch?“, entgegnete ULM-Stadtrat Wolfgang Tücks aus Meißen und sprang wütend aus seinem Sessel. „Die Vertreter der NPD, die bei uns im Stadtrat sitzen, haben sich in all den Jahren bis auf das Thema Hundesteuer noch nicht einmal zu Wort gemeldet. Sie erscheinen auch auf keiner Ausschuss-Sitzung“, sagte er. „Womit sollen wir uns denn auseinander setzen? Die sitzen doch nur da und gucken“, so der ULM-Stadtrat." (s.o.).
Diesen Umstand in das Bewußtsein der Menschen zu bringen wäre ein guter Anfang.
Thilo Specht - 23. Nov, 11:34
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